Volltext zum Essay von Dr. Jens-Uwe Buschmann

 

Dr. Jens-Uwe Buschmann

Februar, 2004

 

Anregungen zur Berücksichtigung psychischer Beeinträchtigung als Schaden im Sinne des §17 TierSchG  – Notwendigkeit eines etho/physiologischen Nachweises traumatisierender Einflüsse

hier: Sexuelle Interaktion* zwischen Tier &  Mensch als potentieller Stressor

*gekennzeichnete Begriffe: siehe Erläuterungen am Ende des Textes                                

Einleitung

Grundlage: Kommunikation

Die Körpersprache ist beim menschlichen wie beim nicht-menschlichen Tier nicht nur ein zentraler Bestandteil sozialer Interaktion, sondern ein durch die natürliche und kulturelle Evolution beeinflusstes wesentliches Element, das hauptsächlich der Manipulation – seitens des Senders – und der Verhaltensprognose – seitens des Empfängers dient (Shannon & Weaver, 1949). Durch die Sensorik des Körpers und der Verarbeitung dieser Information ist der Kontext bereits im artspezifischen Rahmen festgesteckt, so wie der Organismus sich im Laufe der Evolution an seine ökologische Nische angepasst hat (Krebs & Davies, 1991). Allerdings sind selbst wir in der Lage, außerhalb des Spezieskontextes viele Verhaltensweisen  anderer Tierarten, ja sogar anderer Tierstämme korrekt zu deuten (Morris, 1991). Viele dieser Vorgänge laufen unbewusst ab; manche beruhen einfach auf Heuristiken, also Erfahrungen mit bestimmten Verhaltensweisen, die immer wieder in einem bestimmten Zusammenhang auftauchen (Arthur, 1985).

Analyse

Wissenschaftler machen sich dies zu Nutzen und analysieren z.B. den Gemütszustand eines Tieres durch Verhaltensbeobachtungen, die in natürlichen oder künstlich erzeugten Situationen immer wieder auftreten (Goodenough et al., 1993). Dies macht bestimmte Verhaltens/­Zustands/­Vorhabens­­zusammen­hänge kategorisierbar und reproduzierbar (Shaughnessy & Zechmeister, 1994).

Ist es denkbar, dass man sich dieses Wissen aneignen und zum aktiven Tierschutz nutzen kann? Sind pathologische Verhaltensweisen überhaupt kontingent und konsistent genug, dass man Rückschlüsse auf die traumatisierende Ursache ziehen kann? Besteht eine Messbarkeit von Verhaltensstörungen, die direkt mit einem Unwohlbefinden des Tieres korreliert? Dies sind alles grundlegende Fragen, die nach einer Operationalisierung rufen: Optimal wäre eine klare Definition reproduzierbaren Verhaltens, das immer im Zusammenhang nach einer bestimmten Traumatisierung auftritt.

Da jedoch Tiere genauso wenig wie Menschen Reiz-Reaktionsmaschinen sind (Angermeier, 1983), wird eine stringente Definition jedoch nicht möglich sein. Nicht nur verschiedene Tierarten- & Rassen besitzen eine unterschiedliche Weise der Stressverarbeitung (Jensen, 1986); es gibt auch individuell unterschiedliche Strategien die verfolgt werden und von der Umwelt, der Individualentwicklung und endogenen Einflüssen abhängig sind. 

Zielsetzung

Hier soll der spezielle Fall des möglichen Stressors von erzwungenem, konditioniertem oder freiwilligem Sexualverhalten unter Beteiligung des Menschen diskutiert werden. Hierbei geht es weniger um den forensischen Nachweis von Verstößen gegen das Tierschutzgesetz, als vielmehr um einen Versuch, die möglichen Erscheinungsformen sexueller Reizung des Tieres bzw. des Menschen durch das Tier

 

 

dazustellen, diese zu Klassifizieren und nach Beeinträchtigung des Tieres zu Differenzieren. Dies kann in diesem Stadium nur eine Abschätzung und Bewertung gemäß dem Stand der heutigen ethologischen, sozio-psychologischen und sexologischen Forschung sein. Es verbleibt noch die umfangreiche Arbeit in Form von Konzepterstellung, experimenteller Überprüfung und eigentlicher Operationalisierung des Phänomens.

Wenn auch die durch den Menschen erzwungene sexuell motivierte Beeinflussung des Tieres zu kritischen Betrachtung im Vordergrund steht, so wird in diesem Artikel auch diskutiert, inwieweit Faktoren wie Abhängigkeit, Reife, Wehrlosigkeit oder Triebstaustörungen zu einer Beeinträchtigung des Tieres beitragen. Zuchtmaßnahmen (z.B. künstliche Befruchtung oder Vorgabe des Zuchttieres), medizinische Eingriffe (z.B. Kastration) oder Verhaltensrestriktionen (z.B. Isolierthalten von Artgenossen) stellen ebenso eine Einflussnahme in das freie Sexualverhalten des Tieres dar, wie das Akzeptieren oder Ablehnen einer sexuellen Annäherung zum Menschen durch das Tier (z.B. durch Anbalzen des Besitzers/der Besitzerin).

Differenzierung

Bevor wir ein Urteil fällen, fragen wir uns zunächst, welche Art der Beeinträchtigung wir messen wollen und was wir mit diesen Informationen anfangen möchten.

Phänomenologie

Einwirkungen auf das Tier, die zu einem physiologisch feststellbaren Schaden führen, sind durch das Tierschutzgesetz abgedeckt (Hirt et al., 2003). Zu geringfügig berücksichtigt bleiben in der Praxis meist psychische Schäden, die sich durch Störungen im normalen Verhaltensablauf zeigen können aber nicht müssen. Hierbei gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  1. a) Das für das Tier artspezifische natürliche Verhalten wird nicht mehr in der ursprünglichen Form, sondern in einer anderen Weise ausgeübt (Verhaltenstransformation).
  2. b) Es können auch Verhaltensweisen wegfallen, die beim Tier vorher sichtbar gewesen sind (Verhaltensdeletion).
  3. c) Treten zusätzliche Verhaltensweisen auf, die das Tier vorher nicht zeigte, so handelt es sich um eine Verhaltensaddition.

Änderungen zu a) sind am schwierigsten zu beurteilen, weil der feine Unterschied dem Laien meist gar nicht auffällt. Jene Änderungen zu b) werden sofern es sich um subtile Änderungen handelt, meist gar nicht bemerkt.

Verhaltensadditionen finden meist in Form so genannter Stereotypien statt: Dies sind in bestimmten Zusammenhängen immer wiederkehrende wiederholte Bewegungsmuster, so z.B. das Weben oder Rituale wie z.B. das Schweifjagen (Brunner, 1974). Die Ursache dieser scheinbar unnützen Verhaltensweisen wird im Bereich der endogenen Stimulierung vermutet. Dies kann entweder das Auslösen immer wieder kehrender Verhaltensweisen und somit eine neuronale Umstrukturierung sein (Burgess & Coss, 1982), oder die Ausschüttung von Beruhigungshormonen , wie zum Beispiel Endorphin (Zagon et al., 1984), (Bloom, 1987). In erster Linie dient diese Funktion dem Coping, aber durch die Konditionierung kann es zu residual-reaktiven Verhaltensstörungen kommen, die auch nach dem Wegfall der auslösenden Ursache weiter bestehen.

 

Verhaltensdeletionen sind eine häufige Ausdrucksform von Angst die der Kontakt- oder Konfliktvermeidung dienen. In diesem Zusammenhang stehen auch neue Verhaltensweisen, die direkte Ausdrucksformen von Angst sind. Als Beispiel klassisch zu erkennen ist die Pose, wie sie auch beim VTL-Logo zu sehen ist: Ein in sich gekrümmter Körper, Schweif unterwürfig zwischen die Hinterbeine geklemmt, Ohren angelegt, Gliedmassen unter Sprunganspannung und das Maul mit Blick auf den Menschen (nicht notwendigerweise der Peiniger selbst) zu einer leidigen Lautäusserung geöffnet.

Eine stärkere Form der Beeinträchtigung stellen Psychopathien dar. Sie sind Folgen von traumatischen Erlebnissen oder Triebhemmungen und führen zu Verhaltensstörungen z.B. Stereotypien, Fressstörungen oder Aggressionen.

Aus der Vielfältigkeit dieser Körperausdrucksformen wird deutlich, dass ein reprodu­zierbarer, artspezifischer Katalog erarbeitet werden muss.

Messinstrumente

Zur Beurteilung, ob das Tier leidet oder ein Unwohlbefinden hat, ist eine entdeckte Verhaltensänderung nicht unbedingt ausreichend. Dies gilt insbesondere für Tierarten, die nur ein geringes Verhaltensspektrum aufweisen oder per se nur wenig Verhalten zeigen, bzw. eine hohe Stresstoleranz besitzen. Um diesem Problem zu begegnen, gibt es Messmethoden, die physiologische Parameter erheben, die mit Wohl/Unwohlbefinden hoch korrelieren sollen. In Frage kämen hier z.B.

Hormonmessungen

Die Hormone Adrenalin, Cortisol und Catecholamin wurden bereits in verschiedenen Studien an Haus- & Nutztieren gemessen und deren Konzentration mit Stress in Verbindung gebracht (Struwe et al., 1992). Cortisol kann beispielsweise aus dem Speichel gewonnen werden. Wichtig bei solchen Messungen ist, dass ein Messstandard für die Tierart vorliegt, die Probe schnell analysiert wird und über einen längeren Zeitraum gemessen wird (Angermeier, 1967). Dieses Verfahren ist jedoch recht teuer.

Bei Hormonmessungen ist zu beachten: Hormone werden auch bei lang andauernder Einwirkung von Stressoren nicht ständig, sondern episodisch ausgeschüttet und zirkulieren deshalb zu verschiedenen Zeitpunkten in unterschiedlichen Mengen im Blut.

GSR-Messungen ( galvanic skin response )

Der Hautwiderstand sinkt mit verminderter Leitfähigkeit der Haut da dies im direkten Zusammenhang mit Schweißabsonderung (bei Säugetieren) steht und bei gegebener Umgebungstemperatur Schwitzen Ausdruck eines Stresszustandes sein kann, ist der Hautwiderstand ebenfalls ein möglicher Indikator für Unwohlsein. Bei Menschen wird diese Art Messung beispielsweise verwendet, um Hinweise auf Stresszustände bei Falschaussagen anzeigen zu können (Polygrafentest) (Undeutsch, 1996). Bei Tieren mit langem Fell oder hohem Stoffwechsel ist diese Art der Messung in der Praxis jedoch nur schwer durchzuführen. Auch hier können Standards erarbeitet werden, in dem der Grundwert mit verschiedenen Vortests (induzierter, kurzfristiger Stress sowie Ruhephasen) bei dem zu untersuchenden Tier ermittelt werden. 

EEG-Messungen

Ein Elektroenzephalogramm zeichnet die Hirnstromaktivität auf. Während mit diesem Verfahren ein Messinstrument vorliegt, das dem eigentlichen Empfinden des Tieres sehr nahe kommt, so ist es jedoch also recht aufwendig einzustufen und an Tieren zu wenig erprobt.

Andere bildgebende Verfahren

Tomographische Methoden, wie z.B. Kernspintomographie, fMRI, etc. würden sich zwar theoretisch gut eigen, um Grundlagenforschung am Gemütszustand des Tieres zu betreiben, aber sie scheiden wegen der hohen Kosten als diagnostisches Instrument aus. Außerdem erzeugt die Situation der Messung ein Stressumfeld, welches dann nicht vom traumatisch induzierten Stress unterschieden werden kann.

 

Physiologische Messverfahren

Stress bewirkt meist eine Aktivierung des sympathischen Nervensystems und damit einen Anstieg von Puls, Herzschlag und Atemfrequenz (Schmidt & Thews, 1987). Diese Reaktion findet meist unmittelbar bei Auftreten des Stressors statt (Angermeier et al., 1967); Es ist für eine Prüfung eines vorherigen Traumas daher notwendig, experimentell nach Situationen zu suchen, die eine solche Stressreaktion wieder auslösen können. Hierbei ist zu unterscheiden, ob es sich um einen Erststress handelt, der ohne vorherige Traumatisierung ausgelöst wurde oder ob es sich um die Anfänge einer Retraumatisierungsreaktion handelt. Diese Reaktualisierung der Empfindung des traumatischen Erlebens in der Vorstellung und in der körperlichen Reaktionen des Tieres wird durch äußere Ursachen oder Bedingungen ausgelöst, die dem zugrunde liegenden traumatischen Erlebens gleichen oder reizähnlich sind. Sie geht einher mit der vollen oder gesteigerten Entfaltung des Symptombilds der ursprünglichen traumatischen Reaktion auf der körperlichen, psychischen und sozialen Ebene (Davison & Neale, 1996). Diese Parameter sind eher im affektiven Zusammenhang zu sehen, d.h. bei konkreter Reizung oder Erinnerung an ein aversives Ereignis.

Oberflächentemperaturverteilungs-Messungen

Beim Menschen wird zur Streßdiagnose manchmal die Oberflächen­temperatur gemessen. Diese Temperaturverteilung ist eine empfindlichere Messung, als der indirekt gemessene Hautwiderstand und von daher präziser in der Detektion von Stress. Auch ist es für diese Messung nicht notwendig, Messsonden direkt im Fell anzubringen. Für die Praxis ist diese Methode jedoch zu teuer und wird bei Tieren meist zu Lokalisation von Entzündungsherden benutzt (West, 1994).

Ethologische Methoden

Verhaltensbeobachtungen und Zuordnung zu klassifizierten Verhaltensweisen bieten die größte Aussagekraft zur Differenzierung von pathologischem zu nicht-gestörtem Verhalten. Die Quantifizierung von Verhaltensweisen ist der erste wichtige Schritt zur objektiven Messung von Verhalten und Verhaltensänderungen. Er misst sich am artspezifischen, natürlichen Verhalten und stellt dieses mit dem beobachteten Verhalten in Relation. Abnormales Verhalten, das durch Stress ausgelöst wird, unterscheidet sich von Verhalten, das im natürlichen Kontext auftritt (Jensen, 1986). So nehmen beispielsweise kognitive Leistungen ab (McEwen & Sapolsky, 1995), Verhaltensstereotypien treten auf (Ödberg, 1978) und die soziale Verträglichkeit nimmt ab (Sorensen, 1987).

Verhaltensgrundlagen

Um die Verhaltensanomalien von natürlichem Verhalten unterscheiden zu können, ist zunächst zu definieren, welche ungestörten Verhaltensweisen auftreten können.

Verhaltensklassifizierungen- & Kategorien

Ein überholter Begriff für angeborene, natürlich vorhandene Verhaltensweisen, sind die so genannten Instinkthandlungen, die  später  angeborene Auslösemechanismen genannt wurden (Bischof, 1998). Für einen der Begründer der etablierten ethologischen Grundlagenforschung, Niko Tinbergen, sind sie ein hierarchisch organisierter nervöser Mechanismus, der auf bestimmte vorwarnende, auslösende und richtende Impulse, sowohl innere wie äußere, anspricht und die mit wohl-koordinierten, lebens- und arterhaltenden Bewegungen beantwortet wird (zitiert in: (Lorenz, 1978)). Zusammen mit Konrad Lorenz beschrieb er das Auftreten dieser Verhaltenskategorie folgendermaßen: Wenn der Organismus durch die Vermittlung des Appetenzverhaltens auf geeignete Umweltstimuli trifft, für die das Tier bestimmte Rezeptoren und Auslösemechanismen hat, wird die Handlung ausgelöst und eine bestimmte Energie freigesetzt. (Tinbergen & Lorenz, 1938). Betrachtet man nun die pathologische Ausprägung, so kann es entweder zu Leerlaufhandlungen oder zu Ersatzhandlungen kommen:

v        Leerlaufhandlung: Wenn ein Tier nicht auf geeignete Umweltreize trifft, so staut sich die        Energie auf, bis schließlich eine spontane Ausführung der Handlung erfolgt.

v        Ersatzhandlung: Wenn ein Tier daran gehindert wird, eine instinktive Handlung auf artspezifische Art und Weise auszuführen, wird die der Handlung angemessene Energie verdrängt. Daraus resultiert ein Verhalten, das den aktuellen Bedürfnissen des Tieres inadäquat ist.

Angeborener Auslösemechanismus

Zusammenfassend kann man diesen Mechanismus als ein informationsverarbeitendes System des zentralen Nervensystems sehen, das angeborenermassen dazu imstande ist, bestimmte Reizkonstellationen als Auslöser zu erkennen und auf ihr Auftreten hin die adäquaten Verhaltensweisen zu aktivieren.  Diese Mechanismen können durch Erlernung  zu einem so genannten erworbenen auslösender Mechanismus erweitert werden so dass es zu einer Generalisierung oder zu einem Transfer kommen kann.

Artübergreifende Kommunikationsbereitschaft      

Angeborene oder innerhalb derselben Tierart erlernte Verhaltensweisen reichen oftmals nicht aus, um den Fortbestand der Art zu garantieren. Es besteht die Notwendigkeit der artübergreifenden Kommunikation zur Feindvermeidung, optimaler Ausnutzung von Signalen, und Aneignen von Ressourcen (Territorium, Nahrungsaufnahme, Partnersuche).

Artübergreifendes (sozial)Verhalten                              

Artübergreifenden Verhalten ist die Kooperation zwischen Tierarten, die zwar eine unterschiedliche ökologische Nische besetzen, aber durch die gemeinsame Aktivität ihre Überlebenswahrscheinlichkeit verbessern (Davis, 1996). Im Bereich der nonverbalen Kommunikation findet sie auch zwischen dem Menschen und dem Haus/Nutztier statt.

 

Für den Schwerpunkt dieser Webseite ist das Sexualverhalten von besonderem Interesse und die Abgrenzung von natürlich auftretendem zu erzwungenem Sexualverhalten. Unterscheiden wir zunächst, dass das Tier – ungleich dem Menschen – unterschiedliche Phasen hat, zu denen es überhaupt physiologisch bereit ist, sexuell aktiv zu sein.

Sexuelle Empfänglichkeitsphasen  

Die meisten Tierarten haben nur eine begrenzte Zeitperiode der sexuellen Empfänglichkeit und der sexuellen Appetenz (Läufigkeit, Brunftzeit, Rosse, etc.). Außerhalb dieser Zeit werden sexuelle Annäherungen meist abgelehnt. Bei domestizierten Tieren, wie z.B. Hunde, Katzen und Pferde (Clay, 1987), ist oft jedoch eine ausgedehnte Zeitperiode der Empfänglichkeit vorhanden; manchmal insbesondere bei Haltung unter konstanten Umweltbedingungen wie gleichmäßiges Licht und Temperatur ist dies sogar das gesamte Jahr hindurch vorhanden (Kandell & Schwarz, 1985).

  1. Während der Individualentwicklung ist im so genannten Juvenilstadium ein Tier nicht sexuell empfänglich. Dies bedeutet, dass es auch keine sexuelle Appetenz während dieser Phase besitzt. Lediglich spielerisch finden im Jugendstadium Verhaltensweisen statt, die ein Sexualverhalten andeuten (Immelmann et al., 1988).
  2. Um sexuell motiviertes von sozialdienlichem Verhalten zu unterscheiden, muss man das Spektrum des Sexualverhaltens kennen.

Spektrum des Sexualverhaltens

Der Begriff Sexualität beinhaltet eine Vielzahl an Verhaltensweisen, die sich nicht nur um den eigentlichen  Geschlechtsverkehr ranken. So kommt dem Sexualverhalten nicht ausschließlich nur Fortpflanzungsbedeutung zu, sondern es dient auch der Aufzucht der Nachkommen und dem sozialen Zusammenhalt (de Waal & Johanowicz, 1993). Führen wir uns vor Augen, welche Ausprägungen das Sexualverhalten haben kann:

  • Aneignung von Sozialkompetenz (z.B. durch Beschwichtigung in der dyadischen Begegnung oder/und in der Gruppe)
  • Untersuchungen zur Feststellung der Verhaltensverträglichkeit
  • Zuneigungsverhalten
  • Balzverhalten/Werbung
  • Paar-Bindungen
  • Nachwuchspflege
  • Rollenübernahme
  • Triebbefriedigungsverhalten
  • Fortpflanzungsverhalten

Die meisten dieser Verhaltensweisen finden nur während der paarungsbereiten Phase statt; im sozialen Kontext können jedoch einige dieser Verhaltensweisen auch außerhalb dieser Phase auftreten.

Hypersexualität

Ein ungewöhnlich häufiges und unselektives Sexualverhalten ist die Hypertrophie des sexuellen Verhaltensbereichs und wird Hypersexualität genannt. Sie tritt öfters bei Haustieren als Folge der durch Domestikation bedingten Zunahme endogener Reizerzeugung ohne Abreaktion (Triebstau) auf. Möglicherweise ist eine Hypertrophie auch bedingt durch den Verlust der Selektivität für angemessene Verhaltensauslöser (beispielsweise das isolierte Halten von Männchen oder Weibchen) oder den Verlust komplexer Reiz-Reaktionsmuster mit der Umwelt.

Umgekehrt kann eine Betonung des Fortpflanzungsverhaltens, z.B. bei Zuchttieren, zu einer Hypersexualität und einer Steigerung der Aggression führen. Hunde- & Pferdezüchter haben die Erfahrung gemacht, dass eine regelmäßige Masturbation insbesondere von männlichen Tieren zu einer Abreaktion und Erniedrigung des Aggressionsniveaus führt, was wiederum die Verhaltens-Monostrukturierung abschwächen kann und zu besseren Kompatibilitäten beim eigentlichen Zuchtvorgang führt.

 

In der forensischen Praxis zeigte sich auch, dass Tiere, welche regelmäßige sexuelle Erfahrungen mit Menschen haben, einen Trend zur Hypersexualität zeigen. Diese ist dann meist auf den Menschen gerichtet, mit dem diese Erfahrungen stattgefunden haben (Belohnungslernen) oder sie überträgt sich auch auf andere Menschen oder Gegenstände, bedingt durch Triebstau oder im ersteren Fall durch Belohnungsantizipation.

Der Nachweis, ob die Hypersexualität durch innerartliche oder durch zwischenartliche sexuelle Erfahrungen entstanden ist, lässt sich jedoch nicht sicher führen.

 

Haus- & Nutztiere stehen durch ihre Domestikation bereits in einem Abhängigkeits­verhältnis zum Menschen. Schutz und Versorgung werden durch den Menschen gewährleistet; auch in sozialen Angelegenheiten bietet die Besitzerin /der Besitzer die Hauptanlaufstelle. Bei Säugetieren, die normalerweise in einer sozialen Gruppe leben, ist die Anbindung an den Menschen besonders stark und auch mit Körperkontakt verbunden.

 

Abhängigkeiten

Es kann schnell passieren, dass das Haustier sich in seiner sozialen Anbindung und Kommunikation völlig auf den Menschen ausrichtet. Dies ist insbesondere der Fall, wenn es sich um Handaufzuchten handelt. Für herdenlebende Tiere ist es vom Tierschutzgesetz vorgeschrieben, sie nicht isoliert sondern mit Artgenossen zu halten (Pferde, Kühe, etc.). Fehlt die Begegnung mit Artgenossen völlig, so kann es zu Fehlprägungen kommen. Dies führt dazu, dass das Tier die Besitzerin/den Besitzer als Artgenosse und teilweise auch als Sexualpartner ansieht. Während dieser Effekt in der Regel unerwünscht ist, so wird dies In der Tierzucht manchmal ausgenutzt, um den Fortbestand der Art zu sichern (z.B. bei der Zucht von bedrohten Raubvögeln).

Soziale Abhängigkeiten kommen im Tierreich jedoch häufig vor, sei es vom Elterntier, vom Sexualpartner, oder vom Symbionten. Solange diese Abhängigkeit zu einem Überlebens bzw. Fortpflanzungsvorteil führt, kann nicht von einer Beeinträchtigung gesprochen werden. Schwierig wird die Definition bei domestizierten Tieren, weil hier eine Abhängigkeit von vorne herein durch die Fütterung, den Feindschutz und das zur Verfügungstellen einer klimatisierten Umgebung gegeben ist.

Konditionierung, Dressur und Training

Die meisten Tierarten sind lernfähig. Im Laufe der Evolution diente dies der flexibleren Anpassung an die sich wechselnde Umgebung (Darwin, 1967). Eine Form der Anpassung ist es, differenziert auf einen Stimulus reagieren zu können, d.h. beispielsweise als Schutzfunktion einem Störreiz vor dem Auftreten ausweichen zu können sofern sich dieser ankündigt oder durch ein erlerntes Verhalten sich einen Vorteil zu verschafften (Angermeier et al., 1994).

Domestizierte Tiere sind insbesondere bei Eigenaufzuchten relativ leicht zu konditionieren bzw. zu dressieren. Dressur meint die Zähmung des Tieres; Trainieren hingegen ist das Einüben bestimmter Verhaltensabläufe unter Kontrolle, beispielsweise durch ein Kommando. Vor dem Training kommt die Lernphase, die aus klassischer Konditionierung oder häufiger ein operantes Lernen darstellt: Durch Formung ( shaping ) wird eine erst zufällig auftretende Verhaltensweise, die dem Zielverhalten ähnelt, belohnt und damit verstärkt. Das Tier ist motiviert, dieses Verhalten zu wiederholen, um die Belohnung zu erhalten. Mit der Zeit wird man selektiver mit der Belohnung und verstärkt somit nur Aspekte des gezeigten Verhaltens, die wünschenswert sind (Buschmann, 1999).

Konditionierungen sind oft die Voraussetzungen dafür, dass ein Haustier in der menschlichen Umwelt überhaupt gehalten werden kann (Stubenrein, Sozialverträglichkeit, etc.). Gewünschte Eigenschaften, wie Aggression für einen Verteidigungsschutz, oder Anschmiegsamkeit für ein Geborgenheitsgefühl werden dem Haustier anerzogen . Hierfür wird das Tier durch Futter oder soziale Zuwendung belohnt. Solange das Tier nicht depriviert ist (d.h. Entzug von Futter, Wasser, Sozialkontakt o.ä.), wird ein Tier jedoch kaum Tätigkeiten durchführen, die ihm unangenehm sind, bzw. kontingent hierzu Verteidigungsreaktionen zeigen.

 

Wir haben jetzt die Umstände kennen gelernt, die es einem Tier ermöglichen, auf eine Situation angemessen zu reagieren. Auch sind die Faktoren bekannt, die natürliches Verhalten ausmachen oder im Laufe der Anpassung an den Menschen entstanden sind. Zur Diagnose von Verhaltensstörungen entsteht neben der Frage nach der Erscheinungsform der Störung selbst auch das Problem, wer diese Störungen sicher feststellen kann und wie sich die Ursache der Störung ermitteln lässt.

Voraussetzungen

     Kompetenz

Die Verhaltensweisen, welche eine Störung anzeigen können, sind bereits klassifiziert und beispielsweise im Tierschutzgesetz aufgeführt. Diese Störungen jedoch sicher festzustellen, zu begutachten und einzuordnen kann jedoch nur ausgebildetes Fachpersonal (ein Tierarzt mit ethologischer Fachausbildung oder ein Ethologe). Noch schwieriger wird es, wenn eine Störung einer bestimmten Traumatisierung zugeordnet werden soll. Dies ist bisher nur selten möglich und manchmal an der Herstellung einer experimentellen Situation mit Kontrollgruppe möglich. Für diesen Zweck reicht eine Begutachtung des Tieres nach der Traumatisierung nicht aus; vielmehr muss auch eine gezielte Befragung einer Person erfolgen, die über den Zustand des Tieres vor der Traumatisierung Bescheid weiss, denn individuelle Unterschiede im Charakter des Tieres sind in Abhängigkeit von vielen Faktoren (Aufzucht, Behandlung, Haltung, Ernährung, Kontakt mit anderen Tieren, etc.). Es bietet sich an, dass diese Befragung ein Psychologe durchführt, der sich anerkannten Methoden zur Ermittlung bedienen kann.

Vorgehensweise der Nachprüfung: Die Ermittlung

  • Welche Hinweise gibt es für eine Verhaltensstörung? Messen am Katalog.
  • Ist diese reproduzierbar? Wiederholte Messungen sind notwendig.
  • In welchem Verhaltenskontext tritt sie auf? Situationen abfragen.
  • Auf welche Objekte/Personen ist sie bezogen? Wodurch wird sie ausgelöst?
  • Seit wann ist diese Störung aufgetreten? Zeitlichen Verlauf recherchieren.
  • Kleinere Experimente zur Auslösung der Störungen, um Auslöser zu finden.
  • Ist ein sexueller Kontext festzustellen? Unterstützung durch den Tierarzt.

     Der sexuelle Kontext kann ebenfalls durch Zeugenaussagen belegt werden.

 

Bisher besteht leider keine standardisierte Vorgehensweise zur forensischen Analyse von Traumatisierungen.

 

Andererseits existieren Kategorien, die zu den Verhaltensstörungen gerechnet werden:

Typen von Verhaltensstörungen

Folgende Fallgruppen von Verhaltensstörungen, die erhebliches Leiden beim Tier anzeigen können, sind anerkannt (Hirt et al., 2003), §17 Rn 62:

 

1)       Stereotypien, z.B. wiederholtes, schematisches Laufen oder Weben, Stangenbeißen, Nicken, Zungespielen, etc.

2)       Leerlaufhandlungen, z.B. Leerkauen, Scheinwiederkäuen, Scheinwälzen

3)       Apathien, wie starres Stehen oder Sitzen in nicht-artgemäßer Haltung

4)       Handlungen an einem nicht-adäquaten Objekt, z.B. Beknabbern oder Belecken, von Gegenständen oder Artgenossen oder auch eigenen Körperteilen

5)       Fremd- oder selbstschädigendes Verhalten, z.B. Annagen eigener Körperteile oder die von Artgenossen, Urintrinken oder Koprophagie

6)       Ausfall oder Reduktion der Eigenkörperpflege

7)       Ausfall oder Reduktion des Erkundungsverhaltens

8)       Ausfall oder Reduktion des Spielverhaltens bei Jungtieren

9)       Auflösung des artspezifischen tagesperiodischen Aktivitätsmusters, z.B. in Form von kurzfristigem Wechsel von Aktivitätsschüben und Ruhephasen zur Ruhelosigkeit

Verhaltensstörungen sind ein Ausdruck einer Überforderung des Anpassungsvermögens (Hirt et al., 2003), §17 Rn 63. Daher ist davon auszugehen, dass beim Tier im Falle des Auftretens ein Leiden vorliegt Pathologische Verhaltensänderungen sind im Tierschutzgesetzkommentar genau definiert:

  • Zurückziehen der Tiere
  • Absondern von der Gruppe
  • Änderung der Rangordnung
  • Verminderte soziale wie motorische Aktivität, bis hin zur Aggression
  • Vernachlässigung der eigenen Körperpflege
  • Gesteigerte Hinwendung zu den schmerzenden Regionen (Hinschauen, Belecken, Kratzen, Scherern,  Schlagen, Beißen)        
  • Zusammenpressen des Mauls
  • Lahmen
  • Aufbuckeln
  • Immobilisierung oder verringerte Bewegungsaktivitäten
  • Gesteigerte Unruhe, insbes. Häufiges Aufstehen und Niederlegen
  • Drehen und Krümmen des Körpers
  • Aggression, Fluchtversuche
  • Teilnahmslosigkeit
  • Verlangsamte Reaktionen
  • Abdämpfen des optischen und/oder akustischen Apparates
  • Verminderte oder verweigerte Futteraufnahme
  • Veränderte Körperhaltungen, wie:
  • Entlasten der schmerzenden Region
  • Abnorme Bauch- oder Seitenlage
  • Vermeidung dieser Lagen
  • Hundesitzartige Stellung
  • Anspannen der Bauchdecke
  • Aufkrümmung der Wirbelsäule
  • Abnorme Haltung von Thorax, Hals oder Kopf
  • Gefäßerweiterung der betroffenen Gebiete
  • Erweiterung der Pupillen
  • Öffnen der Lippenspalten
  • Starkes Schwitzen
  • Erbrechen
  • Oligurie
  • Erhöhung der Herz- und Atemfrequenz & des Blutdrucks
  • Veränderte Körpertemperatur
  • Häufiges Absetzen von Kot und Harn in kleinen Mengen, Durchfall
  • Mattigkeit
  • Abmagerung trotz ausreichender Futteraufnahme
  • Glanzlose Augen

 

Zu beachten ist hier, dass typische Beutetiere recht schmerztolerant sind und daher kaum Zeichen von Schmerzzuständen zeigen.

 

Die Aufzählung dieser Verhaltensweisen macht deutlich, dass eine Verhaltensstörung nicht nur mit einer organischer Selbst- oder Fremdschädigung verbunden sein muss. Daher kann von einem Leiden ausgegangen werden, wenn diese pathologischen Verhaltensweisen auftauchen, auch wenn keine physiologischen Funktionsstörungen festzustellen sind.

Typen von Funktionsstörungen

 

Auch Funktionsstörungen können in Verbindung mit Verhaltensanomalien als Anzeichen der Intensität des Leidens ermittelt werden (Hirt et al., 2003), Rn 67, 68. Dies wird meist vom Tierarzt festgestellt. Zu den Fallgruppen der Funktionsstörungen gehören:

 

  1. Dauerhafte oder häufige Veränderungen der Herz/Puls/Atemfrequenz
  2. Neuroendokrine Veränderungen (z.B. Cortisol- und/oder Catecholamingehalt)
  3. Hormonell bedingte Stoffwechselveränderungen
  4. Organische Veränderungen bei andauerndem Stress, z.B. Herz- oder Nebennierenvergrößerung
  5. Hypophysen-Nebennieren-Syndrom
  6. Mortalität und Morbidität

Um einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz ahnden zu können, gibt es bestimmte Kriterien, die erfüllt sein müssen. Eine stringente Definition verschiedener Begriffe ist hierfür unabdingbar.

Definition Verhaltensstörung

Eine Verhaltensstörung ist eine im Hinblick auf Modalität, Intensität oder Frequenz erhebliche und andauernde Abweichung vom Normalverhalten (Sambraus, 1997).

Folgende Fragen ergeben sich hieraus:

1)         Was ist Normalverhalten?

2)         Wie sehen die Abweichungen aus?

3)         Wie unterscheiden sich die erheblichen und andauernden Abweichungen?

Das Normalverhalten misst sich zunächst an dem Verhalten, wie es bei der Tierspezies in freier Wildbahn auftritt. Ferner ist zu berücksichtigen, inwieweit die Domestikation Veränderungen in dieses Verhalten einbrachte, was an dem Verhalten en gros von gehaltenen Nutztieren gemessen werden kann.

Die Abweichungen hiervon können auf individuellen Unterschieden beruhen, an Besonderheiten der Haltung liegen oder einer bestimmten Rasse zugehörig sein. Von daher ist es wichtig, Störungen in erster Linie an den Typen von Funktionsstörungen zu messen.

Untersuchungen von Verhaltensstörungen können immer nur ein Ausschnitt aus dem auftretenden Verhalten des zu beobachtenden Tieres sein. Manchmal treten die Störungen zum Zeitpunkt der Beobachtung nicht auf, oder die Beobachtung ist wirkt als Stressor für das Tier.

Definition Normalverhalten

Maßstab für das Normalverhalten sind diejenigen Verhaltensabläufe, die von Tieren der betreffenden Art, Rasse und Altersgruppe unter natürlichen oder naturnahen Haltungsbedingungen gezeigt werden (Hirt et al., 2003), Rn 67.

Abweichungen von diesem Normalverhalten können sich bei Tieren, die unter intensiven Haltungsbedingungen leben, in verschiedener Hinsicht ergeben:

  • Aus der Modalität des einzelnen Verhaltensmusters
  • aus der Häufigkeit, mit der ein Verhalten ausgeführt wird
  • aus der Intensität des Verhaltens
  • aus der Verteilung auf die verschiedenen Tageszeiten
  • aus dem Objekt, an dem es stattfindet
  • aus seiner Dauer
  • aus der Sequenz, in der die einzelnen Verhaltenselemente aufeinander folgen
  • aus der Entkopplung aus demjenigen Funktionskreis, dem es üblicherweise zugeordnet ist

Verhaltensstörungen können auch dann weiter bestehen, wenn die auslösende Ursache längst nicht mehr vorhanden ist. Man spricht dann von residual-reaktiven Störungen.

Definition Angstverhalten

Angst zeichnet sich durch ein starkes Unbehagengefühl aus, das für den Empfindenden bedrohlichen Charakter annimmt. Typisch für Angstverhalten ist ein stark defensiver Ausdruck in der Körperhaltung, verstärkte Aktivität unter Adrenalinausschüttung des autonomen Nervensystems (erhöhter Puls, Atmung, etc.) und Fluchtbereitschaft (Angermeier, 1966).

Angst wird auch vom Tierschutzgesetz als Leidensaspekt gesehen (Kluge, 2002), Rn 23; In erster Linie ist Angst in der Literatur als menschliche Grundbefindlichkeit gesehen (Arthur, 1985). Physiologische Korrelate zeigen jedoch, dass das Gefühl der Angst oder der Bedrohung wahrscheinlich auch beim nicht-menschlichen Tier zu finden ist (Arnheim et al., 1994). Zu den Angstsymptomen zählen:

  • Zittern
  • Schweißausbruch, Blässe
  • Tachykardie
  • Pupillendillatation, weites Öffnen der Augen/der Nasenöffnungen oder des Mauls
  • Tachypnoe
  • Sträuben des Haar/Federkleides
  • Harn- & Stuhldrang, Ausscheidung ohne entsprechendes Ausscheidungsritual
  • Lautäußerungen
  • Flucht/Zurückweichen
  • Regression

 

Angst kann als Leiden des Tieres gesehen werden. Wichtig ist daher die Definition von Leiden.

Definition Leiden

Krankheit oder eine Verletzung sind aus ethologischer Sicht und aus Sicht des Tierschutz­gesetzes nicht die Voraussetzung für Leiden beim Tier, denn Schaden ist also jede Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Unversehrtheit. (Hirt et al., 2003) §1, Rn 24. Leiden findet statt, wenn eine durch die Wesensart des Tieres zuwider­laufende und vom Tier gegenüber seinem Selbst- oder Arterhaltungstrieb als lebens­feindlich empfundene Einwirkungen stattfindet und hierdurch oder durch sonstige Beeinträchtigungen sein Wohlbefinden gestört wird.

 

Für den Nachweis von psychischen Leiden werden die Typen von Funktions­störungen und die Typen von Verhaltensstörungen herangezogen, letzten Endes fehlt es leider jedoch immer noch einer etablierten Vorgehensweise zur forensischen Analyse  psychischer Störungen, die zum Tierleid führen. Insbesondere einzelne Ereignisse, die zu solchen Störungen führen, namentlich das Trauma, sind schlecht nachzuweisen. Ein Schmerz, hingegen ist physiologisch einfacher zu messen und nachzuweisen.

Definition Schmerz

Nach dem Kommentar zum Tierschutzgesetz wird Schmerz angesehen als Unangenehme sensorische und gefühlsmäßige Erfahrung, die mit akuter oder potentieller Gewebe­schädigung einhergeht oder in Form solcher Schädigungen beschrieben wird (Hirt et al., 2003) §1, Rn 12. Das tatsächliche Eintreten einer Schädigung oder eine erkennbare Abwehrreaktion sind nicht begriffsnotwendig. Wenn keine direkte Verletzung festzustellen ist, so wird eine anatomische und physiologische Ähnlichkeit bei der Schmerzaufnahme im Vergleich zum Menschen angenommen. Eine indirekte Diagnose von Schmerz ist zum einen die  Meidung von Reizen, die Schmerz auslösend sind und die feststellbare Wirksamkeit schmerz-hemmender Substanzen.

Die Beeinträchtigung des Organismusses brauch jedoch nicht körperlicher Natur zu sein, eine seelische Beeinträchtigung des Wohlbefindens reicht aus. Diese findet meist im Trauma seinen Anfang.

Definition Trauma

Ist die Informationsverarbeitung durch ein stark belastendes Erlebnis, das außerhalb der üblichen Erfahrung entsteht, blockiert, so spricht man von einem Trauma. Während dieses traumatischen Ereignisses erfolgt z.B. ein Erleben von Bedrohung, Ausgeliefertsein, Hilflosigkeit bzw. Todesangst, mit der Folge, dass die Situation psychisch nicht bewältigt werden kann. Für die Schwere des Traumas spielt die zeitliche Dauer sowie die Intensität des belastenden Erlebnisses eine wichtige Rolle. Der psychischen Situation des Tieres während des Zeitpunktes des Traumas kommt besondere Bedeutung zu. Charakteristisch für die Traumatisierung und für die Retraumatisierung ist die Erfahrung von Hilflosigkeit: Das Tier ist der Situation wehrlos ausgeliefert (sog. learned helplessness (Vollmayr, 2003).

Im Anschluss an ein traumatisches Erlebnis vermeidet das Tier meist bestimmte Reize, die mit dem Trauma verbunden sind. Zusätzlich besteht eine erhöhte Reizbarkeit, die sich durch erhöhte Aggressionsbereitschaft, Schlaflosigkeit, Überreaktion und Angstreaktionen zeigt. Bei Dauertraumatisierung kann dies zu einer Persönlichkeitsveränderung , die in völligem Rückzug und Misstrauen endet und in der Regel auch zu Funktionsstörungen führt. Dauerhafte Veränderungen aufgrund von Störungen zu einem negativen Gesamtbild und zum Leiden des Tieres werden als Schaden angesehen.

Definition Schaden

Ist der körperliche oder seelische Zustand vorübergehend oder dauernd zum Schlechteren hin verändert, so spricht man von einem Schaden. Der Sollzustand beurteilt sich an Tieren der gleichen Art/Rasse, die unter natürlichen bzw. naturnahen Bedingungen leben bzw. gehalten werden.

Neben Funktionsstörungen als Schaden zählen folgende psycho-pathologische Zustände ebenfalls zu den Schäden:

  • Neurosen
  • Psychopathien als Folge von Schreckerlebnissen, Konfliktsituationen oder Triebhemmungen
  • Psychosen
  • Verletzungen
  • Verhaltensstörungen
  • Eine charakterliche Verschlechterung des Zustandes

 

Man kann davon ausgehen, dass vor der Bildung eines Schadens ein Leiden vorausgeht, welches in der Regel noch während des schadhaften Zustandes andauert.

Mit Hilfe der bisher aufgeführten Definitionen ist die Darstellung von Verhaltensstörungen einfacher und reproduzierbarer geworden. Für eine Differenzialdiagnose ist es jedoch auch notwendig, das Wohlbefinden des Tieres zu definieren.

Definition Wohlbefinden

Nach dem Kommentar zum Tierschutzgesetz ist Wohlbefinden ein Zustand physischer und psychischer Harmonie des Tieres in sich und entsprechend seinen angeborenen Lebensbedürfnissen mit der Umwelt. (Hirt et al., 2003), §1 Rn 18.

Das Tier benötigt neben der angemessenen Futter & Wasserversorgung ausreichend Platz zur Bewegung (damit auch Raum für einen Rückzug!), einen natürlichen Licht-Dunkelzyklus, ausreichend Zeit für die verteilte Nahrungsaufnahme, ein Grundmaß an Sauberkeit (damit auch Platz zur Defäkation), Kontakt zu Artgenossen und die Möglichkeit, so genanntes Komfortverhalten ausüben zu können (Wälzen, Putzen, Nestbau, o.ä.). Im Kommentar zum Tierschutzgesetz wird dies folgendermaßen zusammengefasst: Regelmäßige Anzeichen von Wohlbefinden sind Gesundheit und ein natürliches, in jeder Beziehung, der jeweiligen Tierart entsprechendes Verhalten (Hirt et al., 2003), §1 Rn 18.

Das Wohlbefinden schließt schlichtes, temporäres Unbehagen nicht aus. Daher sind bloße Aufregungen, Anstrengungen oder vorübergehende Belastungszustände (Arbeitstiere, Sportpferde, etc., Leistungsprüfung bei Hunden, etc) schon zulässig. Einzelne Einschränkungen, beispielsweise bei Nutztieren, Zuchttieren oder im Sport sind im Kommentar zum Tierschutzgesetz und im Tierschutzgesetz selbst aufgeführt und nicht Gegenstand dieses Essays. Wesentlich ist jedoch, dass die Beeinträchtigung des seelischen Wohlbefindens für den Leidensaspekt ausreicht (Hirt et al., 2003), §1 Rn 17. Der Begriff und Schutzzweck Wohlbefinden nach §1 Satz 1 greift weiter als das Fehlen von Schmerzen, Leiden und Schäden nach § 1 Satz 2. (Kluge, 2002) §1, Rn 16.

Obwohl selbst solche Sonderfälle zumindest durch den Tierschutzkommentar berücksichtigt sind und Einzelgutachten über die Umstände der Traumatisierung und/oder das Ausmaß der Schädigung Auskunft geben können, bestehen bis zur Verurteilung von Verstößen gegen das Tierschutzgesetz noch weitere Hemmschwellen und Rechtsprobleme im Wege.

Rechtsprobleme

Die meisten Verstöße gegen das Tierschutzgesetz sind Ordnungswidrigkeiten. Der Straftatbestand ist selten erfüllt, auch wenn ein Tier massiv zu Schaden gekommen ist, eine dauerhafte oder wiederholte Schädigung vorliegt oder mehrere Tiere gequält worden sind.

Leider gibt es viele Sonderfälle, die dazu führen, dass eine Tierquälerei lediglich zur Ordnungswidrigkeit wird. Eine strafbare Handlung ist nur selten nachweisbar.

Der Nachweis des Verstoßes ist beim Straftatbestand ebenso schwierig wie bei der Ordnungswidrigkeit; jedoch ist die oft dauerhafte Schädigung auch häufig bei der Ordnungswidrigkeit vorhanden. Die Belastung des Tieres ist ähnlich, die Tat wird nur lockerer geahndet. Ein wesentliches Kriterium stellt die Feststellung erheblichen Leidens dar psychische Belastungen haben jedoch bisher kaum zu einer Bewertung als strafbare Handlung geführt. Würde der psychische Schaden als erhebliche Leiden ernst genommen, so hätte dies auch bessere abschreckende Wirkung, als eine reine Ordnungswidrigkeit, die mit einer kleinen Geldbusse abgeleistet ist.

 

Strafbare Handlung

Eine strafbare Handlung, die mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden kann liegt vor wenn

  • ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund getötet wird oder
  • einem Wirbeltier a) aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder
  • b) länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt.

(§17 Tierschutzgesetz von 2002).

Hierzu zählen auch sexuellen Handlungen an Tieren, die zu Verletzungen führen (Hirt et al., 2003), §17, Rn 103 & (Kluge, 2002 §17, Rn 35. Gemäß o.g. Ausführungen (Definition Schaden) dürften auch solche Verletzungen hierzu zählen, die psychischer Natur sind.  Wesentlich für die Erfüllung des Strafbestandes sind die Rohheit (Hirt et al., 2003) §17, Rn 103, und der Vorsatz.

Auch ein Anstifter oder Gehilfe kann sich strafbar machen, selbst wenn er selbst nicht roh handelt, aber die entsprechenden Begleitumstände kennt (Hirt et al., 2003) §17 Rn 104. Bei dem Nachweis des Vorsatzes gibt es jedoch ein Rechtfertigungsproblem: Vorsatzauschliessend wirkt auch der Erlaubnistatbestandsirrtum, d.h. die irrige Annahme eines Sachverhalts, der wenn er vorläge, die Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes vollständig erfüllen würde (Hirt et al., 2003), §18.

Rechtfertigungsgründe wären z.B. die Annahme, dass die Vorgehensweise zulässig wäre.

Strafbare quälerische Tiermisshandlung

Nach §17 Nr. 2b ist der Tatbestand quälerischer Tiermisshandlung gegeben, wenn bedingt durch die Behandlung beim Tier erhebliche Schmerzen bzw. erhebliches Leiden auftritt. Die Indizien hierfür sind Lautäußerung, Verhaltensänderungen, veränderte Bewegungsabläufe, Veränderung in der Körperhaltung, vegetative Veränderungen in der Art, wie sie in Typ funktionaler Störung und Typ Verhaltensstörungen aufgeführt sind. Nach dem Gesetz Erforderlich ist eine nach Art, Intensität und Dauer gewichtige Beeinträchtigung des tierlichen Wohlbefindens. (Hirt et al., 2003) §17, Rn 50.

Mängel im Vollzug des Tierschutzes

Oft treten Probleme auf, die den Vollzug des Tierschutzes behindern oder eine Klage abwenden. Dies beginnt schon mit der Meldung bei der Polizei: Es sollte in diesem Stadium bereits Sorge getragen werden, dass ausreichend Beweise, z.B. in Form von Fotos und schriftlichen Aussagen nach Möglichkeit von mehreren unabhängigen Zeugen vorliegen. Oft ist die Polizei unsicher, wie in einem solchen Fall vorzugehen ist. Kommt es zum Verfahren, so wird es später meist aufgrund von Gegengutachten, fehlender Verhältnismäßigkeit, mangelnder Erweislichkeit von Vorsatz oder Verbotsirrtum oder wegen Bagatellisierung eingestellt.

Während bei misshandelten Tieren Anderer auch weitere Gesetze zusätzlich zum Tierschutzgesetz gelten (z.B. eine Tateinheit mit Hausfriedensbruch), so stellt §903 S. 2 BGB klar, dass auch der Eigentümer mit seinem Tier nicht nach Belieben, sondern nur nach Maßgabe des Tierschutzgesetzes und anderer tierschützender Vorschritten verfahren darf.

Sonderfall Filmaufnahmen

Im Tierschutzgesetz gibt es eine besondere Regelung für Filmaufnahmen, bei denen einem Tier eine nicht artgemäße Leistung abverlangt wird oder eine Einwirkung, beispielsweise eine Restriktion, erdulden muss  (Hirt et al., 2003) §3, Rn 30. Dies reguliert nicht nur die Vorgehensweise bei Filmaufnahmen zu Werbe- & Unterhaltungszwecken, sondern beschränkt auch solche Aufnahmen, die Tiere bei sexuellen Aktivitäten (mit ihrer Spezies oder auch Interaktionen mit dem Menschen) zeigen. Da auch Standphotographien zu  Filmaufnahmen zählen, gilt diese Beschränkung auch für Einzelbilder. Es ist größtenteils nicht bekannt, dass somit die Tierpornographie nicht nur den Restriktionen so genannter harter Pornographie unterliegt, sondern dass bereits die Anfertigung solcher Aufnahmen gemäß diesen Regelungen nicht statthaft ist, sofern das Tier zu nicht-artgemäßem Verhalten angeregt wird.

Diskussion

In diesem Artikel wurde dargestellt, welche Methoden es gibt, um Verhaltensstörungen und funktionale Störungen aufzuspüren, die Folgen von Verstößen gegen das Tierschutzgesetz darstellen und hierbei auftretende funktionale Störungen wurden beschrieben. Dabei wurden auch solche Schäden beim Tier berücksichtigt, die eher psychischer Natur sind. Zwar sind diese im Kommentar zum Tierschutzgesetz aufgeführt, jedoch fehlt es bisweilen noch an einer etablierten Methode zur (beweis)sicheren Feststellung dieser Beeinträchtigung und vor allem an Vorgehensweisen zum forensischen Nachweis der Ursache. Oft sind Psychopathien beim Tier Folgen von traumatischen Ereignissen Fälle von schwerwiegenden Belastungen aufgrund einer lang andauernden Misshandlung des Tieres. Diese konkreten Situationen oder sogar Personen zuzuordnen bleibt trotz Methoden der modernen Wissenschaft und Forensik eine Herausforderung, zumal die Verfahren teilweise sehr zeitintensiv und kostspielig sind.

Das Tierschutzgesetz setzt eine klare Definition, was als Störung bzw. Beeinträchtigung des Wohlbefindens beim Tier zu sehen ist. Diese sind in Übereinstimmung mit ethologischen Erkenntnissen über das Verhalten und die Natur des Tieres (also natürliche Evolution und Charakteristika der einzelnen Tierarten), zumal sie auch in Zusammenarbeit mit Tierärzten, Biologen, Ethologen und anderen Fachkräften entwickelt wurden. Die Frage verbleibt jedoch, ob alle Formen der missbräuchlichen Behandlung von Tieren hierbei berücksichtigt sind, oder ob es Behandlungsweisen gibt, die sich nicht in Form der beschriebenen Verhaltens- und/oder Funktionalstörungen ausprägen. Vorstellbar wäre beispielsweise eine Belastung für das Tier während Filmaufnahmen zu einem Werbefilm, bei denen das Tier vorher so trainiert wurde, dass es keine Verhaltensanomalien zeigt. Aus diesem Grund der möglichen verdeckten Überforderung sind für Filmaufnahmen unabhängige Kontrollen vorgeschrieben. Ähnliches gilt für Nutz- und Zuchttiere, jedoch finden keine Überprüfungen im privaten Bereich statt.

Unberücksichtigt der ethisch/moralischen Frage, die nicht Gegenstand dieses Artikels ist, wäre es denkbar, dass verschiedene Interaktionen zwischen dem Menschen und dem Tier zu psychischen Belastungen führt, ohne anschließende erkennbare Verhaltensänderung oder Störungsanzeichen zu zeigen. Zur Diskussion steht hier insbesondere der sexuelle Umgang mit dem Tier. Ist eine Störung jedoch erkennbar, so ist der nächste Schritt der Nachweis, dass diese Störung Folge dieser belastenden Interaktion gewesen ist: Dann wird die Beeinträchtigung des Tieres über das Tierschutzgesetz geschützt.

Zugelassene und nicht zugelassene Umgangsformen

 

Das Gesetz und die Gesellschaft unserer Demokratie ersuchen einen akzeptablen Konsens zwischen Schutz & Freiheit, Führung & Selbstbestimmung, Nutzbarmachung und gerechter Behandlung, Wirtschaftlichkeit & Entfaltung und ähnlicher ambivalenten Faktoren zu schaffen. Dies gilt auch für das Tier, welches nicht nur als Wegbegleiter, sondern auch als Nutztier seinen Zweck erfüllt. Die Geschichte des sich fortentwickelnden Tierschutzes ist dem Artikel von Luy zu entnehmen (siehe auch (Stettner, 1990)); Ob es sich bei der Streichung des Paragraphen zum expliziten Verbot sexueller Handlungen an Tieren  um einen Rückschritt handelt, kann aus ethologischer Sicht nicht beurteilt werden, weil die Frage eher rechtsphilosophischer Natur ist und mit vielen anderen gesellschaftlich/moralischen Faktoren zusammenhängt (siehe Begründung zur Rechtsreform im Kommentar zum Strafgesetzbuch). In Bezug auf die prinzipielle Beeinträchtigung des Tieres bei solchen Handlungen kann verhaltensbiologisch nur festgehalten werden, dass in den meisten Fällen bei Belastungen des Tieres auch messbare Störungen auftreten werden. Diese zu entdecken, zuzuordnen und nachzuweisen ist mangels etablierter Methoden und Grundlagenforschung zu diesem Thema leider noch erheblich unterentwickelt und bedarf dringend weiterer Untersuchung & Entwicklung. 

 

Übliche Rolle des Haus/Nutztieres

Das Haustier nimmt neben der Nutztierrolle beim Menschen verschiedene Funktionen ein, insbesondere in der sozialen Interaktion zwischen dem Besitzer und dem Tier, aber auch zwischen Menschen mit dem Tier als Vermittler ( sozialer Katalysator (Ford & Olbrich, 2000)). Der Umgang mit dem Haustier dient nicht nur dem eigenen emotionalen Beistand, sondern eignet sich in besonderer Weise zur Erlernung von Sozialkompetenz (Beetz & Ford, 2000).

Durch die Integration des Tieres in den menschlichen Alltag und auch durch die Zuchtauswahl (die eine wesentliche Formung von Verhalten darstellt (Lewin, 1994)) finden auch Trainings- und allgemeine Lernprozesse statt, die das Tier angepasster an den Menschen  werden lassen. Es kommt zu einem Anthropomorphismus, der Anwendung menschlicher Eigenschaften auf das Tier. Jede Form des Anthropo­morphismuses ist per se nicht artgerecht, weil er von einer anderen Art stammt, jedoch in vielen Fällen akzeptiert, weil er die Tierhaltung und Tiernutzung erst ermöglicht.  Die Grenze wird vom Gesetzgeber dort gezogen, wo es zu sichtbaren Beeinträchtigungen des Tieres kommt. Zentraler Kernpunkt beim Anthropomorphismus ist die Artgrenze: Nach Möglichkeit sollte ein Tier so artgerecht wie möglich gehalten werden. Dieser leider mittlerweile begriffsverzerrt in Mode gekommene Ausdruck bezieht sich auf die Anwendung von Situationen, Verhaltens- und Behandlungsweisen, die der entsprechenden Tierart in freier Wildbahn begegnen auf die konkrete Haltungssituation beim Menschen. Das erfordert schon eine gewisse Transferleistung, denn die Situation in menschlicher Obhut ist ja eine völlig andere, auch wenn ähnliche Faktoren zu tragen kommen. Innerartliche Auseinandersetzungen beispielsweise, finden in der Natur seltener statt, als in der Gefangenschaft des Menschen, alleine schon aus Gründen der Konfrontations­wahrscheinlichkeit. Dennoch kann ein Areal angegeben werden, das einer bestimmten Tierart genügend Rückzugsmöglichkeit auch unter menschlichen Haltungsbedingungen bietet. Ähnlich sieht es beim Fortpflanzungsverhalten aus: Es ist nahezu unmöglich, dem Haus- oder Nutztier die freie Partnerwahl zu einem vom Tier bestimmten Zeitpunkt zu ermöglichen. Kommt es jedoch zur völligen Deprivation, also der Isolation zu Artgenossen oder des anderen Geschlechtes, so ist eine Störung, beispielsweise in Form von Hypersexualität gar nicht mehr zu vermeiden. Oftmals wird eine Fehlprägung, die ihre Ursache in der monostrukturierten Handaufzucht hat, dazu führen, dass die meisten, normalerweise auf Artgenossen bezogenen Verhaltensweisen durch das Tier auf den Menschen geprägt werden. Es ist daher als eine Folge der beschränkten Haltungsmöglichkeiten zu sehen, wenn ein Tier seinen Halter als Artgenosse oder sogar als Sexualpartner sieht und ihn/sie entsprechend behandelt.

 

Liegt eine sexuell motivierte Annäherung des Tieres zum Menschen vor, so stellt sich die Frage, wie der Mensch auf dieses Verhalten reagieren soll. Eine Bestrafung von natürlich auftretendem Verhalten, dass weder den Menschen noch das Tier gefährdet oder beeinträchtigt, ist aus ethologischer Sicht sicher unangemessen. In extremen Fällen kann eine solche Bestrafung, beispielsweise das Schlagen des Tieres bei Auftreten einer (vom Menschen unerwünschten) Erektion zu Scheu, Vertrauensverlust und Entfremdung führen. Sicher gibt es andere Maßnahmen, um erzieherisch in solchen Fällen ebenso angemessen zu reagieren, wie beispielsweise bei der Ablehnung von Bettelverhalten.

In der Tierzucht wird gelegentlich davon berichtet, dass bei Zuchttieren ein Triebstauabbau – begleitet von einer Abnahme des Agressionsniveaus – stattfinden kann, wenn das Zuchttier masturbiert wird oder ein Phantomen bzw. Surrogat zur Verfügung gestellt wird. Diese Maßnahmen sollten jedoch nur vom Fachkundigen durchgeführt werden, der die Angemessenheit besser beurteilen kann und über die Methode und dessen Risiken informiert ist.

 

Bisher noch nicht diskutiert ist die (sexuelle) Ausnutzung des Tieres durch die Bedürfnisse des Menschen, unberücksichtigt der Triebe oder Bedürfnisse/Interessen seitens des Tieres.

 

Das Nutztier: Haltung zur Gewinnmaximierung moralisch einwandfrei?

Streng genommen ist die gewerbliche Haltung des Tieres zur Gewinnmaximierung, sei es als Lebensmittelquelle oder als Lieferant anderer Produkte, auch eine Nutzung, die dem Interesse des Tieres entgegenstehen dürfte. Hier haben jedoch die Gesellschaft und mit ihr der Gesetzgeber entschieden, dass die Nutzung und ihre Effizienz dem höheren Interesse des Menschen zu unterstehen hat. Für die Haltungsbedingungen gibt es jedoch Auflagen, die dem Tier eine möglichst artähnliche Haltung gewährleisten soll, so dass funktionelle Schäden und Verhaltensstörungen nicht auftreten sollen.

 

Eingriff in das Sexualleben der Tiere: In welchen Fällen statthaft?

Kommen wir zurück auf sexuelle Interaktionen zwischen dem Tier und dem Menschen. Zwischenartliche sexuelle Interaktionen sind zwar selten, kommen aber auch in der Natur vor und erfüllen dort soziale Zwecke. Prinzipiell ist das Sexualverhalten bei verschiedenen Arten von Säugetieren auch ähnlich, auch wenn man den Menschen in diesen Vergleich mit einbezieht (Pfaus et al., 2001).

Die Folgen der Deprivation vom arteigenen Sexualpartner während der sexuell rezeptiven Phase kann bei alternativloser, dauerhaften Vorenthaltung zu Verhaltensstörungen führen. Vielfach wird auch zum Zwecke der Geburtenkontrolle entschieden, das Tier durch den Tierarzt sterilisieren oder kastrieren zu lassen. Dies ist eine gravierende Einflussnahme auf das sonst auftretende natürliche Verhalten und dürfte auch der biologischen Aufgabe des Tieres (im übertragenen Sinne sozusagen dem Interesse des Tieres ) entgegenstehen. Die Fälle, bei denen ein solcher Eingriff notwendig und vom Tierschutzgesetz zugelassen ist (Züchtungskontrolle wenn durch die Fortpflanzung oder die Unterlassung des Eingriffes ein Schaden oder eine Beeinträchtigung zu befürchten wäre, wie z.B. eine Gefährdung von Artgenossen oder Menschen durch Aggression oder Aufgrund einer medizinischen Notwendigkeit) (Hirt et al., 2003), sind klar definiert. Oftmals setzen sich Besitzer und Tierarzt darüber hinweg so dass auch hier eine Verletzung des Tierschutzes stattfindet.

Die Grenze zwischen Einflussnahme auf das Tier im Interesse des Menschen auf der einen Seite und Schutze der artgerechten Lebensweise auf der anderen ist in diesem Bereich ebenfalls leider nicht konsequent gezogen.

 

Das Tier als Ersatzobjekt: Zum Nachteil des Tieres?

Wird das Tier zu Handlungen gezwungen oder trainiert, die es nicht freiwillig durchführen würde, so wirft dies die Frage auf, ob das Tier gegen eine solche Vorgehensweise geschützt werden kann. Vielfach stellen diese Handlungen vom Menschen geforderte Leistungen dar, die er von Tier erwartet. Dies rechtfertigt selbstverständlich nicht die Ausnutzung des Tieres, jedoch gibt es viele Fälle, die von der Gesellschaft und vom Gesetzgeber toleriert werden (z.B. manche wirtschaftliche Nutzung).

Manchmal kommt es zu extremen Formen der Beziehung, bei denen das Tier als Surrogat (Ersatz menschlicher Beziehungen) oder zur Kompensation von Persönlichkeitsstörungen benutzt wird. Übersteigertes Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit kann auch in totale Isolation zu anderen Menschen mit Fixierung auf das Tier überschlagen. Das Tier wird zu stark vermenschlicht (siehe Anthropomorphismus) und es kommt zu Ernährungs- und Verhaltensstörungen.

Das Tier als Sexualpartner: Tierschutz-  oder Moralproblem?

Obwohl es Menschen gibt, die sogar so weit gehen, eine intime Beziehung zu ihrem Tier zu haben, welche sie eher im Sinne einer Partnerschaft, nicht im Sinne einer sexuellen Ausbeutung oder von Gewaltanwendung sehen, so gibt es auch solche, die ein Tier zur reinen Triebbefriedigung ausnutzen. Williams & Weinberg, die 114 männliche Probanden untersuchten, welche sexuellen Kontakt zu Tieren hatten oder haben, kamen zu dem Schluss, dass es ein breites Spektrum der Ausprägung dieser Zoophilie gibt, das sich durch eine unterschiedliche Ausprägung der Anziehungskraft auszeichnet, die vom Menschen und/oder von Tieren auf den zoophilen Mann ausgeht: Finally, when we consider the balance between animal and human desires, a majority but not all of the men showed a leaning toward animals. (Williams & Weinberg, 2003, S. 532).  Die weitläufige Unterschätzung der Häufigkeit sexueller Interaktionen zwischen Menschen und Tieren ist jedoch bedenklich: Neuere Studien gehen von einem geschätzten Anteil von ca. 5% der männlichen Bevölkerung aus, die dieser Paraphilie nachgehen (Beetz, 2002 & (Miletski, 2002). Während in der Untersuchung von Beetz bei 113 Probanden bei 76,1% eine starke emotionale Bindung zum Tier berichtet wurde, so ist der Anteil an selbst berichteten erzwungenen Interaktionen in der Studie immerhin bei 9,7%. Viel bedenklicher ist, dass laut dieser Studie 76,1% der Probanden sexuelle Interaktionen mit Tieren hatten oder haben, die ihnen gar nicht gehören. Neben der Unrechtmäßigkeit, sich am Besitze Anderer zu schaffen zu machen, ist in solchen Fällen auch meist davon auszugehen, dass das individuelle Verhalten des benutzen Tieres dem Zoophilien nicht so bekannt ist, wie dem Besitzer, so dass hier besonders die Gefahr des Missbrauches gegeben ist. Es ist zu berücksichtigen, dass ein Tier auf eine Annäherung im sexuellen Kontext auf verschiedene Weisen reagieren kann:

  • ohne spezifische Reaktion: Das Tier ist nicht empfänglich bzw. Sexualverhalten ist in der Situation für das Tier nicht von Belang.
  • Defensiv (ausweichend): Das Tier fühlt sich durch diese Annäherung belästigt. Besteht die Behandlung fort, so wird sich ein nicht-restriktives, gesundes Tier wehren (Lautäußerung, Tritt, Beissen, o.ä.).
  • Selbst sexuell angeregt: Durch die Annäherung kann das Tier ebenfalls angeregt werden; dies ist meist dann der Fall, wenn das Tier sich gerade in einer empfänglichen Phase befindet und/oder sexualpartnerdepriviert ist. Besteht bereits eine Hypersexualisierung oder eine Vorkonditionierung, so ist eine Verstärkung des Effektes wahrscheinlich.
  • Wie bereits erwähnt kann es auch vorkommen, dass das Tier von sich aus Sexualverhalten gegenüber dem Menschen zeigt. Hier liegt dann meist eine Fehlprägung vor.

Wird eine solche Situation ausgenutzt oder kommt es zu nicht-artspezifischen häufigen Verstärkungen, so dient das Tier einem reinen Triebabbau oder der Befriedigung einer Machtrolle durch den Menschen.

 

Das Tier als  Macht/Gewaltventil: Das Tier in der Opferrolle

Ebenso wie bei gewalttätigen Übergriffen, die außerhalb des sexuellen Kontextes vorkommen (z.B. Tiermisshandlung in der Haltung), führen erzwungene sexuelle Übergriffe sehr schnell zur Traumatisierung des Tieres mit Spätfolgen. Diese lässt sich meist an den funktionalen Störungen und an Verhaltensstörungen nachweisen. Das Tier vermeidet den Kontakt zum Täter oder generalisiert die Angstreaktion auf alle Menschen. Verhaltensumstände, die zu der tierquälerischen Situation führten, werden aversiv konditioniert, d.h. das Tier versucht diese Reize in Zukunft zu vermeiden; dies können das Erscheinen von Gegenständen sein, die im Zusammenhang mit dem traumatischen Erlebnis standen, oder sich auch auf Gesten, etc. beziehen.

Der Prozentsatz von Gewaltübergriffen bei Triebbefriedigungen liegt niedriger als der hohe Anteil an Tiermisshandlungen außerhalb des sexuellen Kontextes. Die klaren Fälle von Tierquälerei mit physischen Schäden sind nicht Gegenstand dieses Artikels; ebenso wenig, ob ein Zusammenhang besteht zwischen gewaltbereiten Menschen und solchen, die ihre Tierbeziehung wie eine Beziehung zwischen menschlichen Partnern sehen, was Sexualität einbeziehen kann. Vielmehr sollte hier diskutiert werden, inwiefern eine psychische Belastung des Tieres bei jedweglicher sexuellen Tätigkeit oder sexuell motivierten Interaktion vorliegt und ob sich dies aus ethologischer Sicht pauschalisieren lässt.

Die Grenzen sind jedoch fließend; gerade bei extremen Formen der Tierquälerei offenbar aus Kontrollgründen, Frustration oder anderen psychopathologischen Gründen   tritt der sexuelle Missbrauch zusammen mit der Gewaltanwendung auf (Schedel-Stupperich, 2002). Dies mag daran liegen, dass Aspekte der Sexualität beim Menschen auch als Ausdruck von Machtausübung, Überlegenheit und Kontrolle dienen.

 

Relation zum natürlichen Verhalten: Was ist natürlich , was erzwungen?

Für die Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung des tierischen Wohlbefindens vorliegt, soll der natürliche Verhaltenskontext herangezogen werden (Houpt, 1991), der ja auch in freier Wildbahn als Interaktion zwischen ungleichen Partnern in Bezug auf Geschlecht und Spezies vorkommt und auch dort nicht immer unbedingt der Fortpflanzung dient (Bagemihl, 1999). Am natürlichen Verhalten ist zu messen, wie oft, unter welchen Umständen und in welcher Form sexuelle Interaktionen auftreten. Dies gibt einen Hinweis auf die Angemessenheit des Verhaltens und der Situation. Ein Tier kann durch sein Verhalten und seine Lautäußerungen mitteilen, welche Bedürfnisse es hat und in den meisten Fällen auch Missbilligung zeigen. Dies gilt natürlich nur für geschlechtsreife (also erwachsene ) und gesunde Tiere!

 

Sexualität als elementarer Bestandteil des Lebens

Sexualität hat auch schon im biologischen Bereich insbesondere für Säugetiere eine soziale Funktion, wenngleich sie zu ihrer Sinngestalt erst durch die Fortpflanzung zur Vollendung kommt. Jungtiere erkunden ihre Sexualität spielerisch; Im adulten Stadium hat tierisches Sexualverhalten aber auch andere Aufgaben.

Diskutiert wird in der Wissenschaft, ob Sexualität beim Tier ein reiner homonkontrollierter Stimulus-Reaktionsablauf ist, oder ob Tiere auch ein Lustempfinden haben können. (Cabanac, 1987). Sollte dies der Fall sein, so wäre zu erwarten, dass ein Tier ähnlich dem Spielverhalten auch außerhalb des eigentlichen Fortpflanzungskontextes Interesse und Freude an der Sexualität hat. Dies bleibt beim heutigen Stand der Forschung jedoch Spekulation, auch wenn nonverbale Anzeichen dafür sprechen.

Ebenso besteht unter Biologen, Psychologen und Tierärzten noch kein Konsens über die Vorstellung, ob ein Tier seine Einwilligung zu einer bestimmten Behandlungsweise geben kann oder nicht. In der natürlichen Partnerwahl der Tiere, d.h. bei der Begegnung zweier Tiere während der Balzzeit in freier Wildbahn, hat das Tier sehr wohl die Möglichkeit durch körpersprachliche Signale und/oder Lautäußerungen sein Gefallen oder Missfallen am Partner auszudrücken. Dies gilt insbesondere bei der Sexualpartnerwahl aber auch sonst im körperlichen Umgang miteinander. Da diese Signale sehr artspezifisch sind, können diese vom Menschen oft nicht immer korrekt erkannt werden.

Grundzüge von einer Mitteilung der Zustimmung oder Ablehnung sind unumstritten (z.B. ist Defensivverhalten sicher ein Ausdruck von Abwehr). Ein Ausbleiben von Verhaltensstörungen oder Traumatisierungen ist jedoch kein Nachweis dafür, dass die vorgegangene Behandlungsweise das Tier nicht belastet hat oder das Tier vielleicht eine Art Einwilligung in diese Behandlung gegeben hätte, zumal es von der Tierart, der Aufzucht und dem individuellen Charakter abhängig ist, in welcher Form und Intensität das Tier reagiert.

Ausblick

Die Frage, ob und welche Form der sexuellen Beeinflussung des Tieres durch den Menschen als Tierquälerei i. S. der §§17,18 TierSchG einzustufen sei, kann pauschal nicht beantwortet werden: es kommt vielmehr auf die Art der Interaktion an, das Tier selbst (Art, Individualentwicklung, etc.), den Zweck, die Motivation und die Begleitumstände. Welche Faktoren hier zu tragen kommen, wurde in diesem Artikel diskutiert. Liegt eine tierquälerische Handlung vor, so kann diese in den meisten Fällen auch nachgewiesen werden, selbst wenn es manchmal eines hohen personellen und materiellen Aufwandes bedarf. Psychische Schädigungen beim Tier werden bereits im Tierschutzgesetz berücksichtigt, jedoch liegen die Probleme der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten im eindeutigen Nachweis und in der Zuordnung zum Täter (vor allem weil die Taten meist im Verborgenen stattfinden). Der Hemmschuh liegt im Wesentlichen in der mangelnden Aufklärung und Zusammenarbeit verschiedener Stellen, die mit der Abwicklung von Anzeigen beschäftigt sind.

Abschließend sei zusammengefasst, welche Punkte nach Meinung des Autors verbessert werden müssten, um eine gerechte und angemessene Abwicklung von Verstößen gewährleisten zu können:

 

  • Einigung auf einen Standard zur Feststellung von traumatischen Einflüssen und psychischen Störungen
  • Aufstellen eines forensischen Ermittlungsverfahrens
  • Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen (Kriminal)Polizei, Fachethologe, Tierarzt, Anwalt und Gericht
  • Festlegen von genauen Richtlinien bezüglich des sexuellen Umgangs mit Tieren (für Züchter, Tierärzte, Insaminationstechniker, Tierbesitzer und die Tierhalter selbst)
  • Untersuchung von Auffälligkeiten in der Persönlichkeitsstruktur von Personen, die gegen das (Tierschutz)gesetz verstoßen
  • Aufklärungsarbeit für die betreffenden Verwaltungsstellen und die Öffentlichkeit, z.B.:
  • Tierschutzvereine
  • Tierärzte
  • Fachethologen/Biologen
  • Polizei (Information über Verfahren)
  • Rechtsanwälte
  • Staatsanwälte/Richter

 

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Nachwort

 

Mit diesem Artikel möchte ich bei den Leserinnen und Lesern ein stärkeres Bewusstsein für die Notwendigkeit der Diskussion auch von Grenzbereichen des Tierschutzes erzeugen und darauf aufmerksam machen, dass immer noch viele Tierschutzthemen von Haltungsbedingungen- & Tiertransport bis zum Tierschänder zuwenig im Licht der Öffentlichkeit stehen. Durch Informieren über diese Themen, wie Sie dies z.B. durch das Lesen dieses Artikels getan haben, leisten Sie einen wesentlichen Beitrag zu einem Schritt in die richtige Richtung zur Bekämpfung unnötigen Tierleides.

 

 

Autor

Dr. J-U.F. Buschmann, BSc, ist Biopsychologe an der Ruhr-Universität in Bochum und spezialisiert auf die Identifizierung bedeu­tungs­tragender Elemente biologischer Bewegung. Im Falle natürlichen Verhaltens betrifft dies meist nonverbale Kommunikation; ist die Interaktion zwischen Sender und Empfänger gestört oder befinden sich Sender bzw. Empfänger außerhalb des artspezifischen Kontextes, so kann dies zu Störungen führen. Meist sind diese persistent und lassen sich nicht an herkömmlichen physikalischen Para­metern beurteilen, was jedoch dem Ausmaß der Beeinträchtigung des Organismusses zu wenig Rechnung trägt. Daher laufen Bemühungen, effektive Therapie­methoden zu entwickeln und vor allem eine Operationalisierung dieser psychischen Schädigungen zu schaffen.

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Erläuterungen

 

Sexuelle Interaktion: Als sexuelle Interaktion ist hier jegliche vom Tier oder vom Menschen initiierte sexuelle Aktivität (Definition sexueller Aktivität später im Text) oder Eingriff gemeint, wobei die sexuelle Anregung nicht unbedingt durch Körperkontakt in der Genitalregion ausgelöst werden muss (sog. Teasen )

pathologische: krankhaft

kontingent: aufeinander folgend, also im Zusammenhang mit der Traumatisierung

konsistent: immer wieder gleich auftauchend, reproduzierbar

Trauma: angstvoll erlebtes Ereignis, das in Erinnerung bleibt und sich meist mit dem Trauma auslösenden oder begleitenden Reize wieder aufleben lässt

korreliert: statistisch nachweisbarer Zusammenhang

Operationalisierung: Definition von Messvariablen, die klar das Phänomen anzeigen können

stringent: eindeutig, reproduzierbar

endogen: körpereigen

Stressor: Stress auslösender Reiz

konditionierten: durch Belohnung oder Bestrafung erlernt

forensisch: gerichtlich relevant

Ethologie: Verhaltenskunde

Weben: hin- & herschwenken von Teilen des Pferdekörpers

Coping: eine Strategie, die dem Organismus ermöglicht, mit der Situation zurecht zu kommen

Konditionierung: Lernen bestimmter Reiz-Reaktions-Zusammenhänge

affektiv: spontan gefühlsmäßig

aversiv: unangenehm empfunden

Operationalisierung: umwandeln von pauschalen Beobachtungen in skalierte Messwerte

Appetenzverhaltens: Verhalten, das eine Endhandlung vorbereiten soll und damit die Möglichkeit schafft, einen Antrieb zu befriedigen.

inadäquat: der Situation nicht angemessen

Juvenilstadium: Entwicklungsstadium vor der sexuellen Reife

Dyadischen: Begegnung zwischen zwei Individuen

Monostrukturierung: Beschränkung des Verhaltens auf einen Bereich

Belohnungsantizipation:die Erwartung, eine Belohnung zu erhalten

Symbionten: zum gegenseitigen Nutzen vergesellschaftete Art

klassischer Konditionierung: auf einen Reiz folgt eine autonome Reaktion

Koprophagie: Kotfressen

Mortalität: erhöhte Sterblichkeitswahrscheinlichkeit

Morbidität: Häufige Erkrankungen, meist bedingt durch Herabsetzung der Immunabwehr

Schweißausbruch: merke: Hunde können am Körper nicht schwitzen!

Tachykardie: Herzrhythmusstörungen

Pupillendillatation: Erweiterung der Pupille

Tachypnoe: zu schnelles Atmen

Regression: Zurückfallen in juvenile Verhaltensweisen als Ausdruck der Nichtbewältigung der Situation

Neurosen: abnorme Erlebnisreaktion die zu inadäquaten Reaktionen führen kann

Psychopathien: seelisch-charakterliche abnorme Verhaltensweisen im affektiven Bereich

Psychosen: erworbene Schädigung des Nervensystems, die zu Fehlwahrnehumg/reaktion führen kann

Roheit: der Täter begeht seine Tat aus einer gefühllosen, fremde Leiden missachtenden Gesinnung heraus

Vorsatz: der Täter muss die Tatsachen, die die Rohheit seines Handelns begründen, kennen bzw. für möglich halten und in Kauf nehmen

ambivalent: zweischneidig

per se: für sich genommen

männlichen Bevölkerung: aufgrund der Datenerhebungsweise sind nur wenig Frauen in diesem Themenbereich untersucht worden

Verstärkungen: die Befriedigung eines sexuellen Triebstaus stellt eine starke Belohnung (=Verstärkung) dar.